Automessen

Die New York International Auto Show: Die Zeichen der Zeit verkannt

Von Jens Meiners

ampnet – 27. März 2016. Die Begeisterung kannte keine Grenzen, als der Chairman der World Car Awards, Peter Lyon, das diesjährige "World Car of the Year" verkündete: den Mazda MX-5 Miata, jenes sympathische, heckgetriebene Cabrio aus Japan, das die verblichene Roadster-Romantik verkündet wie kaum ein anderes Fahrzeug. Ob die nostalgische Entscheidung jedoch zukunftsweisend ist, sei dahingestellt. Denn die eigentlichen Themen, die die Industrie bewegen, sind die Komplexe autonomes Fahren, neue Telematik-Systeme – und Elektrifizierung. Der Mazda-Roadster steht für keines davon.

Doch er ist ein Weckruf an die Industrie: Fahrspaß und Authentizität sind weiterhin wichtig, und sie sind mittlerweile etwas verlorengegangen. Kein Auto bringt die klassischen Werte besser zum Ausdruck als der kleine Mazda. Und das gilt sogar für die neu vorgestellte Variante mit Klappdach – obwohl ihr ein leichtes, manuell zu betätigendes Targa-Dach aus Kohlefaser besser stehen würde als die aufwendige Dachkonstruktion, die an den aktuellen 911 Targa erinnert.

Immerhin ist der MX-5 kompakt und sparsam Roadster – und das kann man von vielen anderen Exponaten in New York nicht behaupten. Ob Audi R8 Spyder, Chevrolet Camaro ZL-1, Mercedes-AMG C63 Cabriolet oder Nissan GT-R: Bei den aktuellen Spritpreisen gibt es in Sachen Leistung keine Grenzen nach oben. Irgendwann ist die Party vorbei, doch in New York wird noch einmal gefeiert, als gäbe es kein Morgen.

Auch die Deutschen sind bei der PS-Orgie dabei: Bei Daimler stehen mehrere AMG-Modelle im Mittelpunkt, außerdem das ungewöhnlich elegante GLC Coupé und der mild überarbeitete CLA. Damit haben die Stuttgarter übrigens erst einmal ihr Pulver verschossen, weitere Neuheiten gibt es erst in ein paar Monaten. Audi punktet mit der Weltpremiere des R8 Spyder, und bei BMW stehen die Hochleistungsmodelle M760 Li xDrive und Alpina B7 im Mittelpunkt. Von erhobener Warte auf dem Messestand grüßt ein M1, jener Supersportwagen der späten 70er-Jahre, dessen Relevanz für das aktuelle Modellprogramm sich nicht unmittelbar erschließt. Doch sein Giugiaro-Design kontrastiert auf interessante Weise mit der heutigen BMW-Formensprache.

Das Retro-Thema wird auch von Volvo gespielt; hier zieren zwei Exemplare des klassischen P1800 den Stand. Und Nissan fährt eine ganze Parade historischer GT-R-Modelle auf. Hier ergibt die Show Sinn, denn sie führt hin zum überarbeiteten GT-R, der in New York seine Weltpremiere feiert. Als Messegag verteilen GT-R-Motorenbauer aus Japan Autogramme, während die Nobeltochter Infiniti hochwertigen Whisky kredenzt und auf diese Weise mit ihrem US-Standort in Tennessee kokettiert.

Kontrastprogramm: Ein Blick auf ihren relativ bescheidenen Stand zeigt, dass die Marke Volkswagen in den USA schon bessere Zeiten gesehen hat. Immerhin gibt es mit dem Golf Alltrack eine USA-Premiere, und der BUDD-e zeigt sich nach seinem Debüt in Las Vegas und einem Zwischenstopp in Genf erneut auf US-amerikanischem Boden. Die Stimmung bei den VW-Händlern ist übrigens am Tiefpunkt angelangt; Grund dafür ist der Abgang des beliebten USA-Chefs Michael Horn. Dem neuen Leiter der Region Nordamerika, Hinrich J. Woebcken, wird keine übergroße Affinität zu englischsprachigen Märkten nachgesagt.

Ärger gibt es auch von anderer Seite: Ein Vorstand einer Konkurrenzmarke sagt, dass der Diesel-Skandal die Zusammenarbeit mit Behörden nicht nur in den USA, sondern auch in Europa deutlich erschwere. Wenn er von einer "toxischen Atmosphäre" spricht, sind damit keinesfalls etwaige Stickoxid-Emissionen gemeint.

Die ungewöhnlichsten Hochleistungs-Fahrzeuge kommen übrigens vom E-Auto-Hersteller Tesla – dort wird der Kunde mit über 700 PS gelockt. Auf Messepräsenz in New York haben die Kalifornier verzichtet; man kommuniziert mit Journalisten auf persönlicher Basis. Nun sind alle Augen auf die für den 31. März annoncierte Vorstellung des Model 3 gerichtet. Mit dieser Limousine will Tesla in den Massenmarkt drängen, angeblich schon ab Ende 2017. Skeptiker halten den Zeitplan für höchst ambitioniert.

Während Tesla auf die New Yorker Bühne verzichtet hat, haben zwei Premium-Hersteller die Automesse genutzt, ihre Marke überzeugend in ein neues Licht zu rücken: Lincoln und Genesis. Bei der Ford-Nobelmarke Lincoln ist es das Navigator Concept; es nimmt den kommenden Spitzen-SUV Navigator vorweg und überrascht mit gefälligen, flächigen Formen und einem retro-futuristischen Interieur, das amerikanischen Stil neu interpretiert. Die Hyundai-Tochter Genesis wiederum überrascht mit der Studie eines viertürigen Coupés, das von vielen Beobachtern als gelungenste Studie der Messe bezeichnet wird. Genau so stellt man Glaubwürdigkeit her.

Und man verliert sie, indem man die Präsentation den Händlern überlässt. So ist ein schlecht beleuchteter Bentley Bentayga genau gegenüber dem glamourösen Stand von Jaguar Land Rover auf dem Teppich geparkt – dort, wo die aufwendigen Spitzenversionen des Range Rover den Anspruch formulieren, das Segment weiterhin zu beherrschen. Und das Phantom Drophead Coupé von Rolls-Royce wird mit Weißwandreifen gedemütigt – Kitsch, den sich kein Hersteller mehr auf die Straße zu bringen traut.

Den ambitioniertesten Ausblick in die Zukunft lieferte übrigens Carlos Ghosn bei seiner Rede zum Messeauftakt. Der Renault-Nissan-Chef sprach über den Trend zur Elektrifizierung – und über die nötigen Schritte und Differenzierungen auf dem Weg zum autonomen Fahren. Eine Steilvorlage, die nach seinem Vortrag in sich zusammenfiel. Für den restlichen Verlauf der Messe spielten die Zukunftsthemen allenfalls noch eine Nebenrolle. (ampnet/jm)





Foto: Peter Schwerdtmann


Detroit 2016: Große Premierenbühne auch für Europäer

Von Thomas Lang

ampnet – 5. Januar 2016. Die Atempause für die Automobilindustrie zwischen den Jahren ist kurz. In der zweiten und dritten Januarwoche richten sich die Blicke der Branche traditionell nach Detroit. Vom 11. bis 24. Januar ist „Motown“ der Nabel der internationalen Autowelt. Die „North American International Auto Show“ (NAIAS) ist die älteste und größte amerikanische Automesse. Somit nimmt es nicht Wunder, dass viele Hersteller, die „Detroit Motorshow“ nutzen, wichtige Neuheiten zu enthüllen. Wie Mercedes die neue E-Klasse, BMW den M2, Infiniti den Q50 und Volvo den S90.

Der US-Automarkt ist nach China noch immer mit weitem Abstand der zweitgrößte Absatzmarkt für Fahrzeuge auf der Welt. Begünstigt von preiswerten Krediten und niederen Kraftstoffkosten, boomte der Autohandel in den USA im vergangenen Jahr wie seit 2000 nicht mehr. Rund 18 Millionen neue Autos verkaufte die Branche in 2015.

1899 veranstaltete der amerikanische Autopionier und Fahrzeughändler William E. Metzger die erst zweite Automesse der USA überhaupt in Detroit. Seit 1907 findet die Autoshow regelmäßig statt. 1965 fand die NAIAS ihr endgültiges Quartier im sogenannten „Cobo Center“. 55 000 Quadratmeter Fläche stehen den Ausstellern zur Verfügung, rund 800 000 Besucher erwarten die Veranstalter. Für eine Stadt wie Detroit, wo nach dem Zusammenbruch der Autoindustrie mehr als 80 000 Gebäude leer stehen, bedeutet die Veranstaltung nicht zuletzt einen wichtigen Wirtschaftsfaktor, der für insgesamt rund 500 Millionen Dollar (ca. 463 Millionen Euro) Umsatz sorgt. Eine Besonderheit der Detroit Motorshow ist zudem ein „Wohltätigkeitstag“ nach den beiden Pressetagen und der sogenannten zweitägigen „Industrie Preview“ an dem der Eintritt mehrere hundert Dollar kostet, und der Erlös von rund sechs Millionen Dollar Kinderhilfsprojekten zugutekommt.

Trotz des VW-Skandals und dem damit verbundenen Einbruch der Wolfsburger um rund 25 Prozent im Dezember 2015 laufen die Geschäfte der deutschen Importeure in den USA unverändert gut. Somit erweisen die Schwaben dem wichtigen Markt mit der Weltpremiere ihrer unverändert wichtigsten Baureihe ihre Referenz. Seit 1993 offiziell unter der Bezeichnung E-Klasse firmierend, ist die obere Mittelklasse seit dem W 136 von 1937, der nach dem Krieg bis 1952 entstand, eine der tragendenden Säulen des Modellportfolios. Um die seit Jahren deutlich aufholenden Wettbewerber wie Audi A6 oder BMW 5er wieder deutlich distanzieren zu können, haben die Entwickler in Stuttgart alle Register gezogen. Nicht nur das Cockpit erinnert an die S-Klasse, bei den Assistenzsystemen der Oberklasse-Limousine durfte sich die neue E-Klasse ebenso freizügig bedienen wie den Komponenten für Fahrwerk und Antrieb. In Detroit steht nur die Limousine. Der Kombi T-Modell folgt Mitte des Jahres, Coupé und Cabiolet stehen für 2017 auf der Agenda.

Kunden müssen sich bis April gedulden. Dann beginnt die Auslieferung der neuen E-Klasse. Zum Marktstart treten der 200 E mit 135 kW / 184 PS und der E 220d mit 143 kW / 195 PS an. Leistungsstärkere Varianten bis zur mehr als 600 PS starken AMG-Version und Hybridantriebe folgen im Lauf des Jahres. Neben der neuen E-Klasse werden sich auf dem Mercedes-Stand in Detroit auch das S-Klasse-Cabrio und der überarbeitete SLK als SLC im Scheinwerferlicht drehen.

Auf den BMW M2 freuen sich die amerikanischen „Petrol-Heads“ besonders. Das US-Magazin „Car and Driver“ stimmte die Fangemeinde potenter bayerischer Automobile bereits mit einem Artikel unter dem Titel „M in seiner reinsten Form“ ein. Ein wenig brachial kommt der Zweitürer schon daher. Aber 272 kW / 370 PS, die der aufgeladene Reihensechszylinder mit drei Litern Hubraum über die Hinterachse herfallen lässt, vertragen einen selbstbewussten Auftritt. Nicht limitiert, ist der M2 ab April bereit, aus dem Stand in 4,2 Sekunden auf Tempo 100 zu beschleunigen. Vorausgesetzt, der deutsche Interessent ist willens und in der Lage 56 700 Euro zu investieren.

„Update for the Uber 911“, betitelt „Car and Driver“ die Weltpremiere der geschärften Modelle des Porsche 911 Turbo als „Über-Elfer“. Die 397 kW / 540 PS beziehungsweise 427 kW / 580 PS für die S-Modelle sind die zentrale Ansage. Bei 159 200 Dollar beginnen die Preise. Das entspricht aktuell 145 981 Euro. Der deutsche Kunde muss mindestens 174 669 Euro für einen Turbo kalkulieren.

Einen wichtigen Wettbewerber für die E-Klasse in den Vereinigten Staaten stellt Volvo mit seinem neuen Flaggschiff S90 erstmals vor. Die knapp fünf Meter lange Limousine setzt auf anspruchsvolles Design, wertvolle Materialien, höchste Sicherheit und Alltagstauglichkeit mit beispielsweise 500 Litern Kofferraumvolumen und mindestens 1800 Kilo Anhängelast. Dem Wettrennen beim Leistungsangebot der Langstreckenlimousinen aus Premium-Häusern entziehen sich die Schweden konsequent. Sie bieten ausschließlich Vierzylinder, die ein Leistungsspektrum zwischen 140 kW / 190 PS und 299 kW /407 als Hybrid abdecken. Markteinführung des Volvo S90 ist ab Frühjahr.

Auch wenn die Premieren der Importeure spektakulär ausfallen, wie beispielsweise der neue Infiniti Q50 als Mittelklasse-Limousine und das SUV QX60 oder die Luxuslimousine Hyundai G90, so gehen auch die heimischen Hersteller mit beachtenswerten Neuheiten in Detroit an den Start.
5,2-Liter-V8, aufgeladen, 392 kW / 533 PS, damit lockt Ford auf seinen Stand. Im Gewand des Mustangs kommt der Shelby GT 350 als bislang dynamischste Straßenversion des aktuellen „Pony-Cars“ auf den Markt. Für die breite Masse ist die Modellpflege der Mittelklasse-Limousine Fusion (die US-Variante des Mondeo) von großem Interesse. Ebenso die Neuheiten, die Ford für den Kult-Truck und das meistverkaufte US-Fahrzeug F-150 aufgelegt hat.

Die GM-Tochter Buick enthüllt den Crossover Envision. Der 4,67 Meter lange Fünftürer schlägt ein neues Kapitel in der amerikanischen Autogeschichte auf. Er wird beim Marktstart im Sommer das erste GM-Fahrzeug aus chinesischer Fertigung sein, das seinen Weg auf den US-Markt findet. Auf Basis des Envision möchte Opel ein zweites, erfolgreicheres Kapitel des Antara im Laufe des Jahres öffnen.

Bei Lincoln feiert eine weitere Ikone des US-Autobaus die Weltpremiere ihrer jüngsten Version. Der Lincoln Continental, seit 1939 Flaggschiff der luxuriösen Ford-Tochter, findet nach den Auftritten der Studie im vergangenen Jahr nun zur Serienreife. (ampnet/tl)
 



Foto: Auto-Medienportal.Net/Infinirti



 


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